Jobcenter Lübeck: Mit 55 Jahren einen Neustart in der Altenpflege gewagt

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Redakteur
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In Lübeck und Ostholstein sind rund 40 Prozent der Bevölkerung älter als 55 Jahre, aufgrund der demografischen Entwicklung mit weiterhin steigender Tendenz. Auch unter den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten gibt es immer mehr Ältere. Ihr Anteil an allen Beschäftigten ist mit rund 20 Prozent jedoch vergleichsweise gering. „Das Risiko Älterer arbeitslos zu werden, ist zwar geringer, aber wenn sie arbeitslos sind, haben sie es nach wie vor schwerer, auf dem Arbeitsmarkt wieder Fuß zu fassen.

Foto: Bild von rawpixel auf Pixabay

Derzeit sind im Agenturbezirk Lübeck 2.800 über 55‑Jährige arbeitslos gemeldet, das ist jede und jeder fünfte Arbeitslose. Die Hälfte ist ein Jahr und länger arbeitslos. Rund zwei Drittel der älteren Arbeitslosen werden von den Jobcentern betreut“, erläutert Markus Dusch, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Lübeck.

 

Für Kerstin Böhmerle ist es wichtig, dass die Arbeit sie erfüllt und ihr Spaß macht. Lange Jahre hat sie als Fotografin gearbeitet. Als der Laden geschlossen wurde, wurde sie arbeitslos und suchte eine neue Herausforderung. Im letzten Herbst wagte sie einen Neuanfang und startete mit der Weiterbildung zur Altenpflegehelferin. Die Umschulung wird von der Agentur für Arbeit gefördert. Den schulischen Part absolviert Kerstin Böhmerle bei der Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft GmbH in Eutin und den praktischen Teil der Ausbildung im Unternehmen.

 

„Auch wenn ich in der Schule die Älteste bin, für die meisten meiner Kunden bin ich jung“, lacht die 55‑Jährige. Sie macht zurzeit ein Praktikum beim gerontopsychiatrischen Alten- und Pflegeheim J-H Muus GmbH in Neustadt. „Es ist mir nie schwer gefallen zu lernen. Im Laufe der Jahre habe ich einen Abschluss als Zahnarzthelferin, Assistentin fürs Stadtfernsehen und Fotografieassistentin gemacht. Sicherlich muss ich Zeit investieren, aber das mache ich gerne. Eine gute Basis ist gerade in einem Pflegeberuf wichtig“, findet sie. „Die Arbeit im Team macht wirklich Spaß. Kein Tag ist gleich. Die betreuten Menschen bringen einem sehr viel Dankbarkeit und Freude entgegen. Es entsteht ein sehr enges Vertrauensverhältnis“, erklärt sie. Im Dezember steht die mündliche Prüfung an. Danach hat sie schon die Einstellungszusage von ihrem Praktikumsbetrieb. „Die Berufsperspektiven sind wirklich gut. Ich kann auch anderen eine Tätigkeit in der Pflege nur empfehlen. Wer Empathie mitbringt und eine interessante Arbeit sucht, der ist hier genau richtig“, ergänzt Böhmerle.

 

Das Alter war auch für ihren Praktikumsbetrieb kein Problem. Im Pflegeheim Muus sind 33 Mitarbeitende beschäftigt, acht davon sind über 50. „In unserem gerontopsychiatrischen Heim betreuen wir altersbedingt psychische und physische Pflegebedürftige. Wichtig ist, dass die Mitarbeitenden sich in die Erlebniswelt der zu Pflegenden einfühlen und Verständnis für ihre veränderten Verhaltensweisen aufbringen. Dabei ist Lebenserfahrung sogar von Vorteil. Es wird kinästhetisches Arbeiten erlernt, so dass man mit den richtigen Handgriffen körperliche Belastungen reduzieren kann“, erläutert Heimleiterin und Geschäftsführerin Kerstin Weiffen. Sie hat schon öfter Praktikaplätze bereitgestellt und bildet auch selber aus. „Pflegekräfte werden dringend gebraucht. Da muss man alle Wege unterstützen“, ergänzt sie.

 

„Mit 55 hat man noch 12 Berufsjahre vor sich. Da lohnt es sich, gegebenenfalls auch neue berufliche Chancen zu nutzen und einen Abschluss zu machen. Sprechen Sie mit Ihren Betreuerinnen und Betreuern in der Arbeitsagentur oder im Jobcenter über Ausbildungs- und Umschulungsmöglichkeiten. Diese können auch für Beschäftigte interessant sein, die bisher keine abgeschlossene Ausbildung haben oder als Wiederungelernte mindestens vier Jahre in an- oder ungelernter Beschäftigung tätig sind“, rät Dusch.

 

Unter www.arbeitsagentur.de/karriere-und-weiterbildung bietet die Bundesagentur für Arbeit Informationen vom Nachholen des Berufsabschlusses und Berufswechsel bis zu beruflichen Entwicklungs- und Aufstiegsmöglichkeiten.

 

„Das neue Qualifizierungschancengesetz bietet außerdem bessere Weiterbildungsmöglichkeiten für Beschäftigte, deren Tätigkeiten vom Strukturwandel und von Digitalisierung betroffen sind. Ihnen soll unabhängig von Ausbildung, Lebensalter und Betriebsgröße eine Anpassung und Fortentwicklung ihrer beruflichen Kompetenzen ermöglicht werden. Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber können sich die Weiterbildung ihrer Beschäftigten vom Staat fördern lassen. Gerne steht Ihnen der Arbeitgeber-Service als Partner rund um alle Fragen zur Nachwuchs- und Personalgewinnung sowie Qualifizierung zur Seite“, bietet er Unternehmen an.

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